Drei LGM-Mitglieder verschlug es am 24. April 2016 nach Düsseldorf, um die Strecke von 42,195 Kilometern unter die Füße zu nehmen: Patrick Roß, Andreas Urbaniak und Matze Weiser.

Die LGM-Fraktion beim Düsseldorf-Marathon: Patrick Roß, Andreas Urbaniak und Matze Weiser
Die LGM-Fraktion beim Düsseldorf-Marathon: Patrick Roß, Andreas Urbaniak und Matze Weiser

Für einen von ihnen war es ein ganz besonderer Marathon – Matze Weiser lässt uns an seinem „Liebeslauf“ durch Düsseldorf teilhaben.

„Am Wochenende war ich in Düsseldorf unterwegs. Nach Berlin im letzten Jahr freute ich mich auf meinen zweiten Stadtmarathon überhaupt. Inspiriert von diesem Lauf wurde ich im Herbst von Stephan, der mir auf der Marathonmesse in Berlin von der großen Medaille vorgeschwärmt hatte und in diesem Jahr selbst auch mit dabei sein wollte. Leider musste er kurzfristig absagen und so widme ich diesen Marathon auch ihm. Ebenso kurzfristig konnte ich meine Freundin Bine dafür gewinnen, mich an den Rhein zu begleiten, Düsseldorf erstmals zu erleben und mir an der Strecke zur Seite zu stehen.

Die Autoanreise über sechs Stunden verlief ohne Stau, so dass wir zusammen mit Andreas Urbaniak, der ebenfalls mit dabei war, um 15:00 am Ort der Startnummernausgabe ankamen. Dieser befand sich zentral an der Königsallee (kurz Kö). Es war alles sehr überschaubar und klein gehalten. Ein paar Stände für Laufzubehör und ein paar Veranstalterstände waren aufgebaut. Alles sehr entspannt und überhaupt nicht überlaufen. Außerdem gab es die Möglichkeit, Startnummern für 5 € vor Ort auf einen anderen Läufer umschreiben zu lassen. Diese wollte ich nutzen, damit Stephans Startplatz nicht komplett verfällt. Zielgerichtet steuerte ich auf den Tisch für Nachmeldungen zu. Ich sprach einen potentiellen Interessenten an, der gerade einen Startplatzantrag ausfüllte, denn es gab noch die Variante für 95 € einen Startplatz zu bekommen. Schnell wurden wir uns finanziell einig und die Ummeldung war in wenigen Minuten vollzogen.

Nachdem ich meine Startunterlagen auch sehr schnell entgegennehmen konnte, wurde ich in meinen “Niemand hat die Absicht 100 Meilen zu laufen”-Shirt vom Italien-Botschafter der 100 Meilen Mauro Firmani angesprochen.

Matze Weiser mit 100Meilen-Botschafter Mauro Firmani aus Italien
Matze Weiser mit unserem 100Meilen-Botschafter Mauro Firmani aus Italien.

Es folgte ein kleiner Austausch über das Event Mitte August und ein Erinnerungsfoto. Keine 20 Minuten waren seit unserer Ankunft vergangen und das Organisatorische war erledigt. Unser gebuchtes Ibis-Hotel am Hauptbahnhof war unser nächster Zwischenstopp. Nach etwas Erholung und einer Dusche sind Bine und ich zur Altstadt gefahren. Erstens, um Düsseldorf etwas erleben zu können und zweitens, um den dort befindlichen Start- und Zielbereich zu erkundschaften. Mit der U-Bahn sind es vier Stationen und dann noch ein paar Minuten zu Fuß.

Einen kleinen Umweg über den Hofgarten nehmend, sind wir dann kurz in den Regen gekommen; windig und kalt war es auch. Eine nicht nur herzerwärmende Stimmung bot die Ankunft an der „längsten Theke der Welt“, wie die Düsseldorfer Altstadt mit den rund 250 Kneipen und Lokalen auch genannt wird. Wir haben bestimmt gefühlte 20 Junggesellenabschiede dort angetroffen. Vor vielen Lokalitäten standen Menschen mit „Altbier“ in der Hand. Diese Spezialität wurde auch gleich probiert, allerdings nur einmalig, da sie dem Gaumen des Autors überhaupt nicht zusagte. Die Atmosphäre bot hingegen eine schöne Einstimmung für den Sonntag. Nach dem Carboloading im „Altstadt Restaurant“ in Form eines sehr leckeren Düsseldorfer Senfrostbratens wurde bei einer erneuten Promenade am Rheinufer der Sonnenuntergang genossen, bevor es dann zeitig zurück ins Hotel ging.

Vor dem Start hatten wir uns mit Andreas am Burgplatz verabredet. Die Wetteraussichten waren sehr wechselhaft und morgens keine 10 Grad und windig. Um auf alles vorbereitet zu sein, hatte ich mich für eine lange Hose, Regenjacke, Mütze und Sonnenbrille entschieden. Nach der Kleiderbeutelabgabe gingen wir gemeinsam Richtung Start, wobei wir auf dem Weg dahin dem Leverkusener Mauerwegläufer Patrick Roß begegneten. Andreas verfolgte eine ganz andere Renn- und Zeitstrategie als ich, so dass wir uns mit den besten Wünschen zehn Minuten vor Rennbeginn trennten.

Matze mit Freundin Bine
Matze mit Freundin Bine

Mit meiner Freundin Bine besprach ich die letzten Details, denn sie würde geplant in den kommenden fünf Stunden an diversen Streckenpunkte stehen, auf mich warten und mir natürlich aufmunterndes Doping in Form von Küssen geben. Der Rundkurs führt immer wieder in die Düsseldorfer Innenstadt zurück, sodass wir uns bei den Streckenkilometern 7, 11, 23 und 33 sehen würden. Dazu hatten wir Zeiten für ein Lauftempo von 6:30 min/km verabredet, denn mein Ziel war es entspannt knapp unter 5 Stunden zu laufen.

Auf den Start wartend erblickte ich in meiner Nähe die Brems- und Zugläufer (BuZler) sowohl für 4:30 als auch für 4:45 Stunden. An letzteren wollte ich mich zunächst orientieren, um nicht nur auf mich alleine und meine Laufuhr gestellt zu sein. Kurz nach 9 Uhr wurden die 4.000 Marathonläufer auf die Strecke geschickt – die Startläufer der rund 3.000 Teamstaffeln 45 Minuten später. Wegen des kalten Windes habe ich mir sofort Windschutz hinter anderen Läufern gesucht. Nach einem Kilometer wurde ich von Guntram angesprochen – wahrscheinlich auch wegen meines Mauerwegshirts. Er lief seinen ersten Düsseldorf-Marathon wohlgemerkt im Trikot des 1.FC Köln. Wir waren vertieft ins Gespräch und blieben dabei immer bei den Tempomachern mit der 4:30-Stunden-Zielzeit auf den Luftballons, sodass sich mein Vorhaben erst einmal als erledigt betrachtete. Ich empfand das Tempo auch sehr angenehm und so entschloss ich mich nun, diese Ballons nicht mehr aus den Augen verlieren zu wollen.

Wie verabredet stand Bine am ersten Treffpunkt und ihr Doping wurde von Ursula, eine der BuZler, ironisch kommentiert. Mit ihr habe ich mich anschließend bis zum nächsten Dopingpunkt nach 11 km übers Laufen ausgetauscht, bevor es bei km 13 zum ersten Mal über den Rhein ging. Ursula kündigte eine tolle Panaromaaussicht über die Altstadt an. Kurz darauf ging es bergauf zur Oberkasseler Brücke, wo merklich Gegenwind aufkam und eine Samba-Band aufspielte. Das Zusammenspiel der Aussicht, dem Wind und der Musik gab mir einen Rückenschauer und ich war glücklich. Auf der gegenüberliegenden Rheinseite angekommen, hörte ich dann von einem Balkon den Song „Tage wie diese“ von der Düsseldorfer Band „Die Toten Hosen“. Wenig später entdeckte ich Andreas – natürlich gut erkennbar in neongelb gekleidet – auf der anderen Straßenseite und rief nach ihm. Er war schon wieder Richtung Altstadt unterwegs und hatte die Halbmarathondistanz bereits hinter sich. Ein gegenseitiges Winken fand statt. Am Ende der Straße erblickte ich auf der anderen Seite die Markierung der HM-Distanz und ich wusste, dass ich sie erst in gut sechs Kilometern passieren würde.

Die Zuschauerstimmung im Ortsteil Oberkassel ließ insgesamt zu wünschen übrig, denn es gab keine Zuschauer. Um das noch zu toppen, fing es bei km 15 plötzlich an zu graupeln. In dem Moment war ich froh über meine Regenjacke, aber auch über meine Mütze und Sonnenbrille, da ich dank dieser keine Beeinträchtigung verspürte. Der Graupel verging so schnell, wie er gekommen war. Wenig später folgte noch im selben Stadtviertel Hagel. Dem dauerhaften Wind konnte ich durch geschicktes Laufen hinter anderen Läufern oder den Pacemakern trotzen. Letztere hielten ein konstantes Tempo, so dass wir fast punktgenau den HM-Checkpoint nach 2:15 Stunden passierten. Wir waren immer noch in Oberkassel und die Sonne schien wieder. Etwas überrascht nahm ich kurze Zeit später Glockenläuten wahr, das von einem gerade passierten Kirchturm stammte. Ich blickte empor, um mich der Uhrzeit zu vergewissern: Nicht nur 11:17 Uhr war auf der goldenen Uhr zu sehen, sondern auch der Text „HERR DER ZEIT“. Was für eine zutreffenende Bezeichnung oder gar ein Zeichen! Aber wer oder was war gemeint? Wolfgang, der andere BuZler neben Ursula, oder ich, der heute vielleicht in konstanter Laufzeit je Kilometer nach 4:30 Stunden pünktlich im Ziel sein würde, und das wiederum 30 Minuten früher als am Start geplant. Jedenfalls ist es für mich sehr schön, mit anderen laufend Zeit verbringen zu können, egal in welchem Tempo. Etwas in Gedanken verloren, überquerte ich wieder den Rhein und bekam bei km 23 wieder meine ganz persönliche Aufmunterung und ein Stück Banane. Sowieso voller Endorphine wurde bei km 25 „It`s my life“ von Dr. Alban gespielt.

Die Strecke führte Richtung Osten von der Altstadt weg und bis km 28 fühlte ich mich blendend, denn ich konnte das Tempo von 6:17 min/km gut halten. Dann ging es über eine S-Bahn-Brücke und der Marathon begann für mich nun erst richtig. Immer wieder gab es Windböen und ich spürte langsam meine Oberschenkel. Zum Glück war der nächste Verpflegungspunkt (VP) bereits zu sehen. Gehend, so wie bei den bisherigen VPs auch, trank ich etwas. Allerdings fiel es mir zum ersten Mal schwerer, wieder an die Ballonläufer heranzulaufen. Als ich das geschafft hatte, war für mich ab sofort Wolfgang mein Fixpunkt.

Einer von 4.000 Marathon-Startern: Matze Weiser im neongelben Vereinsdress
Einer von 4.000 Marathon-Startern: Matze Weiser im neongelben Vereinsdress

Den Rest der Strecke wollte ich nur fürs Getränkenehmen aus seinem Windschatten gehen oder zumindest immer unmittelbar bei ihm bleiben. Meiner Freundin schrieb ich in einer Nachricht, dass ich bei km 33 nicht mehr anhalten würde. Den Kuss gab es dann aus dem Laufen heraus. Kurz vorher gab es bei km 32 den ersten VP, an dem Cola gereicht wurde, die mir außerdem Auftrieb gab.

Die letzten neun Kilometer führten zunächst wieder ins Zentrum, wo das Zuschauerinteresse größer wurde. Bemerkenswerterweise animierten oft die Läufer die Zuschauer zum Stimmung machen und nicht andersrum. Kurz vor km 36 war das Ziel so nahe, eine Linkskurve brachte jedoch die Ernüchterung: Der Ortsteil Bilk erwartete uns noch.

Von der Umgebung bekam ich kaum noch etwas mit. Lediglich ein Musikstand riss mich aus meiner Lethargie, an dem schöner Techno gespielt wurde – eine Musik, die mich immer pusht. Ich winkte dem DJ zu und muss wohl gestrahlt haben. Er sprach sinngemäß in sein Mikrofon: „Es gibt doch immer noch Läufer, die nach 38 km noch lachen können, während viele andere eher leidend daherkommen.“

Wenig später kamen uns die Läufer entgegen, die sich bereits auf ihrem letzten Kilometer befanden. Ich wartete jedoch immer noch auf das Kilometerschild mit der 40 und dachte schon, ich hätte dieses übersehen. Leider war dem nicht so. Als ich mich umdrehte, sah ich das Schild für den 41. Km und mir wurde klar, dass noch die berühmte Kö passiert werden musste.

Auf der Kö kam endlich das ersehnte Schild mit der 40 drauf. Viele Zuschauer waren dort versammelt und ein Moderator feuerte jeden einzelnen Läufer mit seinem Namen an. Das gab mir den finalen Schub. Ich verabschiedete mich innerlich vom Anblick der Ballons mit der „4:30“ und ging aus dem Windschatten von Wolfgang. Die letzten beiden Kilometer wollte ich einfach genießen und alles aus mir herausholen.

Auch für solche Momente, wie die folgenden, laufe ich: Ein Zuschauer feuerte mich als Mauerwegläufer an, viele andere einfach nur so. Der letzte Kilometer war mit einem Bogen gekennzeichnet: Noch 1000 Meter und ich werde diesen wunderbaren Lauf wunschgemäß beenden. Wenige hundert Meter vor dem Ziel erblickte ich mein Binchen, das mich so wundervoll unterstützt hatte. Der Stopp bei ihr viel natürlich länger aus als alle bisherigen.

Die Anzeige mit der Bruttozeit war so eben auf 4:28:30 umgesprungen. Mein Ansporn war es nun mit einem Sprint die 4:29:00 Stunden zu unterbieten. Zum letzten Mal hatte ich diesen ganz besonderen Rückenschauer; dieses Mal zusammen dem Läuferflow. 4:28:58 Stunden nach dem Startschuss und 4:26:04 Stunden nachdem ich die Startlinie passiert hatte, erreichte ich das Ziel.

Glücklich im Ziel: Matze und Wolfgang - BuZler für die Zielzeit 4:30 Stunden
Glücklich im Ziel: Matze und Wolfgang – BuZler für die Zielzeit 4:30 Stunden

Einige Zeit war ich nun nur für mich und ließ alles noch einmal Revue passieren. Sehr bewegt und mit ein paar Tränen in den Augen richtete ich meinen Blick wieder in Richtung Zieleinlauf. Ich wollte unbedingt die BuZler Ursula und Wolfgang empfangen, um mich sofort für ihre Unterstützung zu bedanken. Es war schön, sie nacheinander kurz umarmen zu können. Danke, ihr ward großartig. Gemeinsam sind wir zur Medaillenübergabe gegangen und anschließend konnte ich Wolfgang noch für ein Erinnerungsfoto gewinnen.

Danach trennten sich unsere Wege und wenig später konnte ich mit meiner Bine mit dem wohlverdienten Finisher-Bier anstoßen. Auf dem Weg zu Andreas Hotel haben wir uns sehr leckere Schweinebratenbrötchen genehmigt. In dem Hotel konnte ich die erholsame Dusche richtig genießen. Man hätte auch im Zielbereich duschen können, aber diese individuelle Variante gefiel mir deutlich besser. Vielen Dank Andreas und Glückwunsch zu deinem Ergebnis von 3:12 Stunden. Die Autofahrt nach Berlin verlief annähernd genauso staufrei wie bereits am Samstag. Allerdings dauerte sie mit den ausgiebigen Pausen 2 Stunden länger als mein Marathonlauf.

Es war ein wunderbares Ereignis in Düsseldorf zu laufen. Ich danke Ursula und Wolfgang. Ein besonderer Dank gilt meiner Freundin, die mich erstmals und sehr liebevoll begleitet und unterstützt hat.“