Weder Kälte und Regen, noch Wind und Hagel konnten ihn bremsen: Unser derzeit schnellster Mauerwegläufer Mathias De Prest lief im Spreewald zum vierten Mal einen Marathon unter drei Stunden. Wie er sich unter widrigen Bedingungen selbst in Ziel gepeitscht hat, um am Ende auf dem Treppchen zu stehen, hat er für unsere Website anschaulich zusammengefasst:

„Einsam im Spreewaldhagel? Ist das die neue Spreewaldkrimifolge? Nein, es ist nur ein Laufbericht. Und damit die Spannung nicht unerträglich ist, kann ich eins schon mal vorwegnehmen: Die ganze Geschichte geht gut aus. Das sah aber lange nicht so aus.

Meine Ziele im ersten Halbjahr waren eigentlich die 6 Stunden in Münster und die 100 km in Berlin. Aber nach dem 6-Stunden-Lauf kamen mir die 3,5 Monate dazwischen ewig vor. Die Hälfte davon könnte man doch ganz gut für ein schnelles Marathontraining nutzen, oder? Die Wochenumfänge kann man danach schließlich immer noch steigern. Unter drei Stunden war kein Muss, aber mit einem Sub3-Trainingsplan wollte ich mir die Möglichkeit nicht nehmen lassen. Ich hatte es in 2016 schon dreimal geschafft, aber irgendwie wäre es schön, die Form dieses Jahr noch mal zu bestätigen. Ich habe mir also einen Plan erstellt (basierend auf Becks Trainingsplänen, damit hatte ich schon gute Erfahrungen im letzten Jahr) und bin losgelaufen. Das Training fiel mir gar nicht so schwer und zwei Wochen vor D-Day dachte ich: „Wir schaffen das!“

Dunkler, kalter, mieser Sonntag
Dann kam aber der dunkle, kalte, miese Sonntag des Spreewaldmarathons. Ich fuhr mit Mark, René und Vereinskameradin Sandra zum Start und wir fuhren durch Regen, Hagel, Wind und Kälte. Da habe ich mir gleich den Sub3-Wunsch aus dem Kopf geschlagen. Am Start war ich dann relativ entspannt, aber auch vorne. „Ich laufe so schnell wie ich kann, dann ist es auch schnell vorbei.“ Genau 800 Meter war es trocken. Danach fing es bei Gegenwind an zu hageln. Irgendwie gab gerade das mir einen Motivationsschub. „Ich muss da jetzt sowieso durch. Es kann nur besser werden.“ Und nach Hagel kommt Sonne. Ok, auch wieder Wind, und Kälte und und… Aber die ersten zehn Kilometer habe ich irgendwie im Sub3-Tempo hingekriegt.

Jetzt sollte ich nur durchhalten. Es bildete sich eine kleine Gruppe und so gingen die nächsten siebne Kilometer schnell vorbei. Ich unterhielt mich mit einem netten Ultraläufer aus meiner Altersklasse (M35). Er erzählte, dass er lange Strecken von 100 km und 100 Meilen relativ schnell laufen kann, aber dass er  noch nie einen Marathon unter drei Stunden gefinisht hat. Letztes Jahr blieb er beim Spreewaldmarathon bei 3:01 stecken. Ich schlug ihm vor, zusammen unter drei Stunden zu laufen. Da hatte ich gleich wieder neue Motivation.

Der Sub3-Lauffreund läuft davon
Ab km 19 liefen die Halbmarathonläufer ihre letzten zwei Kilometer eine anderen Strecke und mein neuer Lauffreund war so gut drauf, dass er schnell von mir weglief. Bei km 21 war ich jetzt ganz alleine. Niemand hinter mir, niemand vor mir. Noch mal so viel laufen in dem Tempo ohne Mitläufer konnte ich mir nicht mehr vorstellen. So schnell wie die Motivation kommt, ist sie auch wieder weg. Aber beim VP vor km 25 sagte auf einmal ein Helfer: “Zehnter“. Ich konnte es gar nicht glauben und fragte: “Im Ernst? Gesamtzehnter?“ Er: “Ja, nicht so lange trinken, lauf weiter!“ Und da war sie wieder, die Motivation. Das ist doch etwas Geiles, mal Top Ten bei einem Marathon.

Da habe ich wieder einen Gang höher geschaltet und gleich hatte ich den Neunten im Blickfeld. Es blieb einsam, denn der Neunte war zu langsam, um zusammen zu laufen. Den Achten sah ich dann erst bei km 32. Das war mein neuer Freund, der nur noch ging und vorhin vor der Halbmarathonmarke doch ein bisschen übermotiviert gewesen war. Ich versuchte noch, ihn aufzumuntern, aber mit Sub3 würde es wohl nichts mehr werden. Auf den nächsten Kilometern sah ich dann auch noch Nummer 7 und Nummer 6, da gab es immer wieder einen Motivationsschub.

Gefühlt nur noch Gegenwind
Bei km 36 dachte ich endlich, ich bringe das Ding jetzt auch nach Hause. Genau dann fing es wieder an zu hageln und es gab gefühlt nur noch Gegenwind. Aber da war ich so weit, da hab ich mir gesagt: “Jetzt ist es nur noch Kopfsache. Jetzt darf es auch noch ein paar Kilometer weh tun.“ Vor allem die 300-Meter-Wendeschleife zwei Kilometer vor dem Ziel hatte es noch mal in sich. Links ging es ins Ziel, aber lauf doch bitte erst noch mal rechts. Aaah! Bei so einer Wendeschleife sieht man dann aber, wie einsam man läuft: niemand vor mir, niemand hinter mir, der 6. Platz war also meiner. Bei einem Blick auf der Uhr sah ich, dass es sogar mit einer Bestzeit klappen könnte. Nicht nachlassen jetzt. Und tatsächlich lief ich dann ins Ziel mit einer Bestzeit von 2:57:43.

Weil das Wetter wirklich nicht mitspielte und weil wir alle so weit auseinander lagen (der 5. mit 2:53h und der 7. mit 3:02h), war es sogar ganz ohne Publikumsjubel ganz einsam im Ziel, aber meine eigene Freude war desto größer. Dass es sogar für den ersten Platz in der Altersklasse gereicht hat, war eine schöne Überraschung. Auf dem Treppchen gab es dann noch Gutscheine, Apfelmus, Gurken und einen Pokal.

Mal so richtig abräumen – und die 100 können kommen
Ein bisschen später gab es dann für Sandra noch den 2. Platz bei den Frauen. Nach einer Verletzung war sie nicht mal sicher, dass sie den ganzen Marathon laufen konnte. Wenn dann sowas dabei rauskommt, kann man nur stolz sein. Schön, wenn man mit den Vereinskollegen mal so richtig abräumen kann. Auch die anderen Vereinsfreunde haben richtig gute Leistungen gebracht. Für manche Bestleistung, für manche Bestleistung beim Spreewaldmarathon und für fast alle Bestleistung bei Wind und Hagel.

Jetzt geht es mit einem guten Gefühl Richtung 100 Km.“

Alle Ergebnisse sind hier nachzulesen.

Text: Mathias De Prest
Foto: Norbert Möhr

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