Er läuft seit acht Jahren und davon ist er schon seit mehr als sieben Jahren bei der LG Mauerweg Berlin. Während dieser Zeit wurden „die Laufverrückten im Verein immer zahlreicher und die Distanzen unwirklicher“. Bis vor einem Jahr hat er aber immer gesagt: „Viel mehr als 60 Km müssen es für mich nicht sein.“ Und dann war plötzlich alles anders… Mathias De Prest über seinen ersten 100km-Lauf bei den Deutschen Meisterschaften im 100km-Lauf.

Auf der Suche nach einem großen neuen Ziel
„Auf einmal kam einiges zusammen. Nach dem Erreichen meines Sub3-Ziels beim Marathon, sollte doch ein großes neues Ziel her. Seit ein paar Monaten habe ich auch deutlich mehr Zeit und kann meine Trainingsläufe auch gut tagsüber in der Woche planen. Und dann wurde die DM 100km auf einmal in Berlin organisiert. Mehr habe ich nicht mehr gebraucht.

Eigentlich ist es dann ganz vernünftig, sich kein allzu großes Zeitziel zu setzen, aber die neun Stunden waren gleich in meinem Kopf und die kamen auch nicht mehr raus. Ankommen kann man ja auch noch als neues Ziel setzen, wenn es mit der Zeit nicht mehr klappt. Vorher nicht.

Mitten in der Nacht ging es dann letzten Samstag los. Um 6 Uhr da und wach zu sein, war schon mal die erste große Herausforderung des Tages. Aber nach den ersten Kilometern war ich gleich richtig wach und die erste Runde war zu schnell. Ich sah Vereinskamerad Sascha Dehling vor mir und habe die ersten fünf Kilometer überlegt, lauf ich ran oder nicht. Ich war dann aber doch vernünftig und entschied, mein eigenes Rennen zu laufen. Ich kam dann so allmählich in ein gutes Tempo (5:05min/km) in einer guten Gruppe mit Sandra Fätsch und Peter Massny und – immer etwa 100 Meter vor mir – Patricia Rolle.

Plötzlich wieder allein auf der Strecke
Ich hatte ein richtig gutes Gefühl und dachte, so kann es ruhig 70 Kilometer weiter gehen. Was danach kommt, würde ich schon merken. So weit kann ich ja in dem Tempo laufen, das weiß ich noch von den sechs Stunden in Münster. Aber viel zu schnell war die Gruppe weg und die Situation plötzlich ganz anders. Peter und Sandra wurden einen Tick langsamer und Patricia ging es nicht so gut und fiel zurück.

Da war ich bei km 35 ganz alleine und bis km 70 dauerte es dann noch eine ganze Weile… Da hatte ich wirklich Riesenglück, dass es so viele nette Freunde, Vereinskameraden und Bekannte an der Strecke gab. Immer wieder gab es Anfeuerungen und Motivationssprüche. Ich will mich hier einfach bei allen bedanken, ohne Namen zu nennen, weil ich bestimmt jemanden vergessen würde. Eine schöne Ultrafamilie ist es, wenn es egal ist, bei welchem Verein man Mitglied ist.  Ob rot oder neongelb, der Zuspruch hat immer wieder gut getan. Die Organisation war super, die Helfer waren toll und der Vereins-VP war dabei auch immer ein toller Ruhepunkt.

Ultraglücklich ins Ziel
So lief es irgendwie rund bis km 75, so wie ich es gehofft und erwartet hatte. Das Tempo war schon eine Weile deutlich langsamer (5:20), aber vor allem, weil ich dachte, dass ich es schneller nicht bis zum Ziel durchhalte.

Und auch das war richtig eingeschätzt. Ab dann tat alles weh und ich habe angefangen zu rechnen: „Wie langsam darf ich laufen, damit ich noch unter 9 Stunden ankomme?“ Die Antwort war „über einen 6-er-Schnitt“ und das hat dann doch wieder motiviert. Ich hasste die langweilige Strecke inzwischen so richtig. Staffelteilnehmer Harald war dann aber auf einmal da und lief mehr als eine Runde mit. Ranhängen! Das klappt schon. Ab km 85 war dann meine Familie da. So wurde der absolute Tiefpunkt doch ein Höhepunkt. Noch drei Runden. Das schaffst du jetzt auch noch. Einfach nur durchhalten. Km 90 – „10 Kilometer gehen immer“. Und tatsächlich, das, was die erfahrenen Ultraläufer sagten, stimmte. Es wurde wieder einfacher. Noch fünf Kilometer und auf einmal sogar belgische Freunde an der Strecke, letzte Runde, Euphorie. Ziel. 8:45:43. Geschafft. Glücklich.

Und es wurde ja noch besser. Sascha war schon zehn Minuten eher da und Andreas ist auch ein tolles Rennen gelaufen. Ganz unerwartet wurden wir Deutscher Meister in der Mannschaftswertung. Erst am Tag danach, wurde mir bewusst, dass das was ganz Besonderes ist. Und glücklich bin ich jetzt vier Tage später noch immer. Ultraglücklich halt.

Text: Mathias De Prest
Fotos: Gritta Sens und Stefan Geißler

 

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