Wer jetzt nur an Fußball denkt, liegt grundfalsch: Auch bei den (Ultra-)Läufern gibt es eine Bundesliga. Wie das Punktesystem funktioniert und wie die LG Mauerweg in dieser Saison dabei abgeschnitten hat, berichtet Mauerwegläuferin Andrea Möhr, die – wie einige andere – unseren Verein bei mehreren Läufen vertreten hat:
„Die LäuferInnen der LG Mauerweg sind so individuell wie unser Verein selbst. Es gibt LäuferInnen, die „nur“ trainieren, es gibt welche, die die „Kurzstrecke“ laufen, manche haben das Wandern und Run & Walk für sich entdeckt. Einige laufen längere Strecken wie Marathon oder Ultras oder sie vorbereiten sich darauf vor.
Und dann gibt es eine kleine Gruppe, die den Verein im Wettkampf bei den Deutschen Meisterschaften (DM) vertreten hat.
Insgesamt gibt es fünf DM, vier davon werden von der DUV vergeben, in den Kategorien 50 km, 6-Stunden-Lauf, Ultratrail und der 24-Stunden-Lauf. Der 100-km-Straßenlauf wird vom DLV ausgerichtet. Da eine DM etwas Besonderes ist, gibt es je nach Strecke, Zwischenzeiten und Zielzeiten, bei den Stundenläufen Mindestweiten, die in die Wertung eingehen.
Es gibt ein etwas kompliziertes Punktesystem, so gibt es „Rohpunkte“ für Einzelstarter und Mannschaften für Frauen und Männer. Wobei drei LäuferInnen, die ins Ziel kommen, zu einer Vereinsmannschaft gehören. Es bekommen aber nur die ersten acht Mannschaften Punkte. Dann gibt es noch die 50+ (Seniorenmannschaften), jeweils auch mit drei männlichen und weiblichen Sportlern eines Vereins. Weiter kann man Punkte für Altersklassenplatzierungen bekommen. Nach jeder DM gibt es eine Auswertung mit dem Zwischenstand, am Ende der Saison, nach der fünften DM, gibt es dann den Endstand.
Diese Bundesliga ist recht attraktiv geworden, lockt viele Läuferlnnen aus den Vereinen an. So konnten dieses Jahr einige Teilnahmerekorde vermeldet werden, so u. a. beim 6-Stunden-Lauf in Münster. Als Sahnehäubchen werden Geldpreise für die Plätze 1 bis 6 für die Vereine ausgelobt. Soweit ein kleiner Einblick in das Procedere. Ferner gibt es dann noch DUV-Cupläufe, diese und die DM werden zum DUV-Cup zusammengeführt – ich konnte in dieser Wertung einen 8. Platz und Andreas Urbaniak einen 24. Platz erlaufen.
Die erste DM im 6-Stunden-Lauf fand am 11. März in einem Naturschutzgebiet in Münster-Handorf statt. Es standen elf gut gelaunte LäuferInnen der LGM am Start der asphaltierten breiten 5 km-Runde, wobei unser Wettkampfverantwortlicher Matze Weiser nicht nur für diesen Wettkampf, einiges zur Anreise und Übernachtung organisierte. Das Wetter war frühlingshaft und damit sonnig, an der Verpflegung gab es keinerlei Kritik zu üben (Eigenverpflegung im vorgegebenen Bereich erlaubt). Es war eine gut organisierte DM, die mit einem Weltrekord über diese Distanz durch Nele Adler-Behrens aus Marburg mit unglaublichen 85,492 km herausragend war. Bei den Herren gewann Christof Marquardt mit 82,067 km.
Es kann auch einmal etwas daneben gehen, wie eben hier in Münster, da ohne Verschulden des Veranstalters für die 650 m bis 1 km Restmeter nicht korrekt vermessen werden konnten, weil die entsprechenden Sandsäckchen mit den Startnummern darauf verschwunden waren. Es gab eine gewisse Aufregung, Anspannung und Aggression unter den LäuferInnen auch bei der anschließenden Siegerehrung.
In Münster begann das Punktesammeln der LGM mit einem 1. AK-Platz für Sonia Isabel Goebel und Sigrid Eichner sowie einem 3. AK-Platz von Mathias de Prest. In dieser Veranstaltungne konnten wir 14 Punkte für die Bundesliga sammeln. Die Zeitschrift „Ultramarathon“ der DUV titelte später in ihrer ersten Ausgabe „Weltrekorde in Münster“ und im Vordergrund auf dem Titelbild findet man Helga und mich, aber nicht, dass da jemand den Titel mit dem Foto verbindet… Auch Olaf (Ilk) ist noch im neongelb für die Ewigkeit festgehalten.
In Ehrwald fand die Trail-DM am 17. Juni 2017 ohne LGM-Beteiligung statt. Niemand wollte 81 km laufen, da auch eine Woche später eine weitere DM anstand. Für unseren Verein daher keine Bundesliga-Punkte.
Am 24. Juni 2017 fand die 100-km-DM vor unserer Haustür, im Berliner Plänterwald, wiederum bei gutem Laufwetter statt. Das Läuferfeld war extrem klein für eine DM. Dies lag daran, weil diese relativ spät ausgeschrieben wurde und viele Läufer inzwischen Alternativen gefunden hatten. Dass die DM so spät ausgeschrieben werden konnte, lag aber nicht an der ausrichtenden LG Nord, sondern an der Berliner Bürokratie, da Genehmigungen zu spät erfolgten. Die LGM unterstützte die LG Nord mit einigen Streckenposten bei der Organisation und im Gegenzug gab es für diese Helfer einen Staffelfreistart. Eine tolle Geste.
Wir hatten früh am Morgen ein Basislager mit eigenem VP aufgebaut. Eine ausgelassene Stimmung bei den zahlreichen Startern der 4×25 km Staffel, bei dem 50 km Lauf und dem offenen 100 km Lauf. Ecky Broy sorgte am Mikrofon für gute Stimmung. Bei der DM konnten sich acht LäuferInnen platzieren, gekrönt vom Mannschafts-Meistertitel unserer Herren mit Sascha Dehling, Mathias de Prest und Andreas Urbaniak. Damit haben unsere schnellen Jungs der LG Nord, die Favoriten für den Bundesliga-Sieg, in die Suppe gespuckt. Zitat der Ultramarathon: „Das favorisierte Team der LG Nord Berlin lag auch nach 50 km klar in Führung, wurde dann nach dem Ausscheiden von Frank Merrbach und Niels Bubel noch von den Lokalkonkurrenten der LG Mauerweg überflügelt“. Das nenne ich mal eine Anerkennung für unser Trio.
Weiter gab es durch Anja Rieder und mich jeweils 2. AK-Plätze. Hervorzuheben ist hier der Support von Norbert vom späteren Sieger, Benedikt Hoffmann, der in 6:48:15h eine tolle Zeit lief. Norbert wurde direkt vom Trainer von Benedikt angefragt, ob Benedikt unser Basislager mit nutzen und im Idealfall zum Sieg gebracht werden könnte. Die Rechnung ist aufgegangen, auch, weil sich LäuferInnen aus unserem Verein verantwortlich fühlten, als Norbert selbst seinen Staffeleinsatz hatte und den Support für diese Zeit für Norbert übernahmen. Auch unsere nicht bei der DM-laufenden aber trotzdem auf den anderen Strecken Startenden wurden nicht weniger liebevoll betreut.
Für mich war der Start bei den 100 km eine Herausforderung, denn habe ich noch nie die 100 km unter 13:00 h geschafft, geschweige denn die geforderte Zeit für die 90 km. Mir ging es von Anfang an körperlich nicht gut, ich konnte mein Tempo nicht wie gewünscht gestalten und ich wusste, es würde sehr schwer werden, erst einmal die 90 km zu schaffen. Nicht nur Ecky Broy motivierte, jede Runde ein Anfeuern am Basislager und auch von den überholenden Läufern jederzeit ein aufmunterndes Wort. Unsere Streckenposten, die im Einsatz waren, als auch von Norbert trieben mich durch den Plänterwald. Die 90 km schaffte ich 3 Minuten vor Schluss.
Jetzt kocht die Stimmung im LGM-Lager hoch, ich bin die Letzte, die da noch kreiselt und Ecky verabschiedete mich in die letzte Runde mit den Worten „Andrea, du hast den ganzen Plänterwald für dich allein!“, irgendwie auch traurig, dass alle anderen schon duschen sind. Letzte Gerade vor der Zielankunft, ich sehe noch Niemanden, aber ich höre sie rufen, als Norbert verkündet, dass ich ins Ziel kommen würde. Ein unglaubliche Stimmung im Ziel, es wird eine Gasse gebildet und mit einer La-Ola-Welle werde ich ins Ziel getragen. Das ist Gänsehautstimmung pur. Das ist die LGM.
Ich beschreibe diesen Moment, weil ich berichten möchte, wie die Neongelben auf die Letzte bei der DM gewartet und mir den Zieleinlauf unvergesslich gestaltet haben. Norbert hat am Ende den Sieger und die Letzte, aber dennoch 2. in der AK betreut, was für eine Ausbeute. Ich bin Zweite mit immerhin 6 Minuten vor Zielschluss geworden. Wenn drei LäuferInnen am Start waren, gibt es trotzdem eine Wertung, weil eben drei StarterInnen am Start waren, auch wenn eine/r aufgibt. Wenn nur zwei StarterInnen sind, gibt es keine Wertung. So eine kleine Regelkunde.
Und dann kam die Siegerehrung in einem viel zu kleinem Vereinsgebäude in der Nähe des Plänterwalds. Allerdings gab es Suppe und Bier. Läuferherz was willst du mehr? Als unsere AK-Platzierten, Sascha (2.), Mathias (3.), Anja (2.) und Andrea (2.) geehrt wurden, wurde es laut im Saal, als aber die Deutschen Meister auf das nicht vorhandene Podest gerufen wurden, gab es kein Halten: Ein Rufen, Schreien, Klatschen und Standing Ovations der anwesenden Neongelben ertönten. Es erklingt: „So seh’n Sieger aus“. In Berlin haben wir 18 Punkte erkämpft.
24 h von Gotha am 2./3. September, flache Strecke, so war sie ausgeschrieben, die 2 km Runde im Stadtpark vor dem Schloss in Gotha. Nur vier Damen mit Norbert und Detlef als Supporter fanden den Weg nach Gotha. Unser Pavillon diente als Basislager für die LGM. Flach war die Strecke überhaupt nicht, sehr schwer zu laufen des wechselndes Untergrundes, mal Parkweg, mal Kies, mal Pflastersteine, mal Kopfsteinpflaster und Asphalt mit Bürgersteigen, Tunnelunterführungen und nicht optimal ausgestrahltem Wegen in der Nacht und immer wieder bergan- oder bergauf. Den Wettergott scheint ein DM-Freund zu sein, wieder einmal tolles Laufwetter.
Norbert kam auch hier wieder unverhofft zum Mitsupport der späteren Siegerin, die ihr Basislager genau gegenüber aufgebaut hatte. Er sprang hier ein, wann immer ihre Betreuer einmal nicht am Ort waren. Es wurden für Antje Krause 219 km. Aber auch für uns Damen hatte Norbert noch Zeit, er scheuchte uns durch den Park und erinnerte an die Mannschaftswertung, lies kaum Ausruhen im Pavillon zu. So pustete er vor allem Christine aus dem Zelt, die ihren ersten 24er hatte und auch vor Sigrid machte er kein Halt „Geschlafen wird in meinem Pavillon nicht“. Auch Detlef unterstützte uns, kam hin und wieder ein paar Gehmeter mit und motivierte. Am Ende holten Sigrid Eichner, Christine Timmler und ich mit nur ca. 5 km Rückstand den Vize-Meister-Mannschaftstitel bei den Damen und den Senioren und ergatterten 8 Punkte.
Eine wirklich sehr ergreifende Siegerehrung folgte durch Norbert Madry, die beste aller Siegerehrungen von allen DM. Bei jeder Prämierung gab es einen Tusch, professionell untermalt von einem Radiosender, der u.a. auch live von der Strecke gesendet hat. Die Stadt Gotha stand hinter dem ausrichtenden Verein, kurze emotionsvolle Reden der Sponsoren und Unterstützer, Anerkennung für die Leistungen der Läufer, auch die Gothaer selbst kamen zahlreich zur Siegerehrung, wollten sie die Verrückten sehen, die 24 h im Kreis laufen, so der O-Ton einiger Zuschauer, mit denen wir ins Gespräch kamen.
Jetzt hat sich die LGM auf Platz 3 vorgeschoben. Eigentlich hatte ich selbst vor bei der DM über 50 km Straßenlauf zu starten. Aber es wäre doch jetzt schade, die angemeldeten Starter allein zu lassen und nicht nach Schwäbisch Gmünd zu fahren. Mehrere Aufrufe im Netz durch Matze Weiser und die Bemühungen um Andreas, der einzige, der noch einen Start in Erwägung zog, haben gefruchtet, sodass die LGM mit zwei Männermannschaften (danke Andreas!) und einer +50 Damenmannschaft an den Start gingen. Der Weg nach Schwäbisch Gmünd ist natürlich schon ein Ultra an sich, die Übernachtung im Massenquartier ebenso. Aber am 21. Oktober 2017, wieder Kaiserwetter – an die 20 Grad schon um 10.00 Uhr – standen 10 Neongelbe an der Startlinie.
50 km Straßenlauf – wohl bemerkt mit 1100 Höhenmetern über Wurzeln, Stock und Stein (Ho-Chi-Min-Pfad), man war dann doch froh, wieder auf der Straße zu sein. Die drei Kaiserberge haben es in sich. Es war für alle eine sehr schwere Strecke und wir mussten kämpfen, acht von uns sind ins Ziel gekommen. Hervorzuheben der 4. AK-Platz von Sonia Isabel Goebel mit nur 30 Sekunden Rückstand auf den 3. Platz und dem 4. AK-Platz von Helga. Die Siegerehrung war nicht so toll zu verfolgen, zu klein der Raum, zu wenig Sitzplätze, zu laut, der Moderator war kaum zu verstehen. Unfassbar hingegen die Siegerzeiten Kay-Uwe Müller von der TSG Schwäbisch Hall (Heimvorteil) in 3:17:59 und Elisabeth Fladerer von der TG Viktoria Augsburg in 3:57:30.
Am Abend dann die Rückfahrt, für alle eine Zugabe, die nicht unbedingt schön war,ob im Auto oder im Zug.
Unser Einsatz über die gesamte Saison wurde mit einem unglaublich tollen 4. Platz erkämpft: 40 Punkte tummeln sich auf unserem Konto. Erwartungsgemäß gewonnen hat die LG Nord mit 114 Punkten vor der LG Ultralauf mit 106 Punkten und der LG Allgäu/Kempten mit 48 Punkten, die uns mit guten AK-Platzierungen und einem großen Starterfeld in Schwäbisch-Gmünd noch übertrumpft hat.
Auf Platz 4 punktgleich mit dem Sportclub Marburg die LG Mauerweg Berlin e.V., da Marburg an zwei Wettbewerben nicht teilgenommen hat und wir nur an der Trail-DM nicht, haben wir den 4. Platz erkämpft. 6. ist SV Schwindegg geworden. Im letzten Jahr waren wir noch Fünfter. Vielleicht konnte ich Interesse bei dem Einen oder der Anderen wecken, nächstes Jahr bei den DM mitzulaufen und die anderen Vereine ein wenig zu ärgern.
Die Termine für die DM in 2018 sind: 10. März in Rheine 100 km, 8. April in Ebershausen 50 km, 9. Juni 6 h Lauf in Hoyerswerda, 14. Juli Maintal Ultratrail und der 24-h-Lauf am 1./2. September in Bottrop.
Die Siegerehrung der ersten sechs Mannschaften 2017 mit der Übergabe der Geldpreise findet voraussichtlich am 27. Januar 2018 in Rodgau im Rahmen der nächsten Mitgliederversammlung der DUV statt.“
Text: Andrea Möhr
Fotos: Norbert Möhr, Matze Weiser