Erstmals organisierte die LG Mauerweg Berlin Anfang April in Zusammenarbeit mit der Deutschen Ultramarathon-Vereinigung (DUV) einen Grundlagen-Lehrgang. Vier Tage Jugendherberge Wannsee klingen erst mal recht trocken, aber das Trainingslager unter Leitung von DUV-Sportwart Michael Irrgang war – das kann man ohne Übertreibung feststellen – ein voller Erfolg! Selbst erfahrene Ultraläufer konnten die ein oder andere neue Erkenntnis mit nach Hause nehmen. Und neben der Wissensvermittlung standen ja auch das gegenseitige Kennenlernen und der Erfahrungsaustausch von Läufer zu Läufer im Vordergrund. Schon jetzt ist klar: Es wird nicht der letzte Lehrgang gewesen sein, den die LGM organisiert. Schon jetzt liegen Ideen für die nächsten Jahre in den Schubladen, beispielsweise sollen die Themen „Ernährung“ und „Psychologie“ einen Schwerpunkt künftiger Seminare bilden. 

Doch zunächst blickt Michael Irrgang in seinem Bericht zurück auf die gemeinsamen Tage in der Jugendherberge Wannsee:

„Hätte ich das alles schon vor 20 Jahren gewusst, als ich mit dem Ultralaufen anfing“, resümierte Wolfgang nach vier anstrengenden Tagen beim DUV-Trainingslager zum Thema „Ultramarathon Grundlagen“.

Ich hatte mir wieder einmal viele Themen ausgesucht, die ich für grundlegend halte: Dinge, die man wissen, können, machen oder haben muss, um über viele Jahre mit Freude dem Ultralauf-Sport nachgehen zu können. Doch bevor wir in das Programm starteten, begann nach einem kurzen Kennenlernspiel erst einmal ein bisschen Warming-Up.

Beim Atomium-Spiel war Kreativität und Teamgeist gefragt, was schon ziemlich lustig war. Die Teilnehmer früherer Trainingslager in Hennef und in Bad Bergzabern wussten schon, dass man sehr gut mit 20 Leuten Fußballspielen kann – und zwar mit 10 Mannschaften, 10 Toren und 8 Bällen. Diesmal war Tischtennisspielen angesagt. Mit 25 Leuten, dafür ohne Ball: Kognitiv sehr anspruchsvoll, dennoch sehr unterhaltsam.

Nach dem Abendessen gab es eine kurze Einführung in das Thema „Ultralauf“, in dem ich kurz ein paar Fragen erläuterte, die in den nächsten Tagen beantwortet werden sollten, z.B. woran man einen Ultraläufer erkennt oder worauf es bei einem erfolgreichen Ultralauf-Wettbewerb wie dem UTMB ankommt, nämlich Training, Ernährung und Ausrüstung. Anschließend gab es noch einen kurzen Vortrag zum Thema Kompression und Kompressionskleidung, bevor der Tag endete.

Freitag war der Techniktag

Der Tag begann mit einer gemütlichen Laufrunde um 7 Uhr in drei Leistungsgruppen. Nach dem Frühstück folgte eine Einführung in das Thema „Athletik-Training“. Um Verletzungen zu vermeiden und für einen besseren Laufstil benötigt man eine gewisse Kraft und Beweglichkeit. Hierzu sind Übungen zur Stabilisation und zur Kräftigung der Fußmuskulatur besonders wichtig.

Nachmittags gab es zunächst einen Vortrag zum Thema Ernährung & Energie. Anhand der Daten einer Leistungsdiagnostik von mir, konnte ich hoffentlich anschaulich erläutern, wie viel Energie der Körper bei verschiedenen Tempi braucht und wo die Energie herkommt. Dazu ein paar wichtige Prinzipien und Formeln sowie Empfehlungen.

Anschließend folgte eine Einführung in die Systematik des Tempotrainings, mit Beispielen, wie man sein Grundlagentempo verbessert, bzw. wie man mit wenig Aufwand sich seine Spritzigkeit erhält. Danach wurden die Laufschuhe angezogen und es ging nach draussen, wo DUV-Präsident, Diplom-Sportlehrer und Leichtathletik-Trainer Jörg Stutzke die Einheit „Lauf-Abc“ übernahm. Gekonnt begann er mit Mobilisierungsübungen und steigerte sich dann über die einfachen Übungen des Lauf-Abc bis zu den schwierigen Elementen.

Im folgenden, praktischen Teil zum Thema Tempotraining führten die Teilnehmer nicht nur exemplarisch einige intensive Wiederholungsläufe durch, sondern lernten bei der Gelegenheit auch einfache Organisationsformen, um Tempotraining in jeder Lauftreffgruppe ohne viele Hilfsmittel durchführen zu können.

Nach dem Abendessen berichteten Andreas und Martina von ihrem Mehrtageslauf „Rund um den Balaton“. Diesen Lauf über etwa 200 Km in 4 Tagen erlebten beide recht unterschiedlich. In sehr kurzweiligen Beiträgen und unterlegt mit tollen Fotos ließen die beiden Protagonisten die einzelnen Tage Revue passieren. Danach berichtete Ronald noch vom größten Radrennen der Welt mit ca. 36.000 Teilnehmern in Südafrika.

Samstag war der Spartathlontag

Stu, der aktuelle Spartathlonsieger war den ganzen Tag bei der Gruppe und selbst, wenn es den meisten Teilnehmern zurzeit utopisch erscheint, den Spartathlon zu finishen, waren die Gespräche mit ihm während des Laufens und insbesondere sein abendlicher Vortrag über seinen etwas ungeahnten Erfolg für mich persönlich das Highlight des gesamten Wochenendes. Seine akribische Vorbereitung, seine Coolness, Dinge hinzunehmen, die man eh nicht ändern kann, und sein einzigartiger Humor zeigten eindrucksvoll, aus welchem Holz Champions geschnitzt sind.

Am Vormittag folgte zunächst ein erster 3-Stunden-Lauf durch die angrenzenden Wälder und auf Teilen des Mauerwegs. Nach dem Mittagspicknick gab es dann die zweite Einheit. Mir reichte hier eine Stunde, aber eine Gruppe war tatsächlich ein zweites Mal 3 Stunden unterwegs. Respekt!

Ronald war abends wieder zu Gast und zeigte einmal eine Profiausrüstung, wie sie für eine Teilnahme beim UTMB rund um den Mont Blanc zweckmäßig ist. Wirklich beeindruckend!

Als typischer Genussläufer berichtete Harry von seiner Teilnahme am Zugspitz-Ultratrail, einen hochalpiner Lauf mit immerhin 100km und 5.500 Höhenmetern im Auf- und Abstieg. Um so einen Lauf innerhalb des erlaubten Zeitrahmens zu beenden, ist ebenfalls ein gutes, spezielles Training, sowie eine genaue Planung und optimale Ausrüstung erforderlich. Selbst, wenn man mit Fotoapparat ausgerüstet so manches Mal stehenbleibt und den Augenblick sowohl genießt als auch für die Ewigkeit festhält. Stu und Harry weckten so richtig das Fernweh in mir und die Lust auf schöne Wettkämpfe!

Sonntag: Trainingsplanung und Physiotherapie

Nach einem wunderschönen Morgenlauf durch den Grunewald, bei dem ich mich endgültig vom Schnee als Laufuntergrund verabschiedete, schmeckte das Frühstück super. Überhaupt war das Essen in der Jugendherberge Wannsee vorzüglich.

Nachdem wir bereits am Freitag über Trainingselemente sowohl im Bereich Laufen als auch als Ausgleichstraining gesprochen hatten, wurden nun die Bausteine zu Plänen zusammengesetzt. Dabei habe ich Unterschiede zum Marathontraining ebenso erläutert, wie spezielle Pläne für 100 Km, 24 Stunden und 100 Meilen. Insbesondere die Pläne für die 100 Meilen waren sehr anschaulich, weil es ja keine abstrakten Pläne waren, sondern die speziellen, nach denen Kerstin, Thomas und Fabian in den ersten Monaten trainierten.

Carsten, mit seiner Kompetenz und seinem Humor sicherlich eine einzigartige Persönlichkeit in der Szene, berichtete über typische Laufverletzungen, wie man sie vermeiden und wie behandeln kann. Dabei zeigte er einfache Übungen und gab viele, wertvolle Tipps. Anschließend besprach er noch mit vielen Teilnehmern ihre persönlichen, kleinen und großen Probleme.

Das Fazit der Teilnehmer war überragend. Wir hatten unglaublich viel Stoff durchgearbeitet und dabei viel Spaß gehabt. Obwohl die Gruppe recht groß war, konnte sich jeder mit seinen Erfahrungen und auch Fragen einbringen. Einige Teilnehmer hatten wirklich spannende Erfahrungsberichte vorgestellt und mit Ronald, Jörg, Stu und Carsten hatten wir im Vorfeld erstklassige Referenten für das Trainingslager gewinnen können. Es war das erste Trainingslager, welches in Kooperation mit einem DUV-Förderstützpunkt durchgeführt wurde und das hat im Vorfeld und vor Ort gut geklappt.

Die Teilnehmer waren sich einig: So ein Grundlagenseminar müsste eigentlich jeder einmal besuchen. Das scheint wohl unrealistisch zu sein, aber ich kann mir zurzeit gut vorstellen, dass wir die Veranstaltung noch einmal analysieren, verbessern und in ähnlicher Form im nächsten Jahr wiederholen. Mal sehen, vielleicht kürzen wir den Stoff oder verlängern das Trainingslager um einen Tag, denn die Tage waren schon recht voll.

Ein paar Namen noch

Leitung: Michael Irrgang

Organisation: Andreas Deák, Alexander von Uleniecki, Michael Irrgang

Referenten: Dr. Ronald Musil, Mathias Hoffmann (Skins), Jörg Stutzke, Stu Thoms, Carsten Bölke, Andreas Deák, Martina Schliep, Harald Hüttmann, Michael Irrgang.

Teilnehmer: Alexander von Uleniecki, Berlin; Andreas Deák, Berlin; Bernd Kutz, Berlin; Birger Jüchter, Düsseldorf; Christopher Helmig, Darmstadt; Fabian Baier, Berlin; Gerd Gladasch, Karlsruhe; Harald Hüttmann, Neunkirchen am Brand; Jan von Szada, Potsdam; Kerstin Fenzlein, Berlin; Kerstin von Scheidt, Gummersbach; Margit Messerer, Passau; Martina Schliep, Berlin; Massud Feyzee, Berlin; Michael Irrgang, Troisdorf; Nobert Künkel, Hannover; Renate Hülse, Krefeld; Roland Franz, Berlin; Silke Pfennigschmidt, Bielefeld; Thomas Bitzer, Mönchengladbach; Ulrich Heitfeldt, Hannover; Uwe Bröker, Bielefeld; Werner Kempken, Weiterstadt; Wolfgang Seifert, Frankfurt; Wulf Schiemann, München.