Am 11.3.2020 saß Sonja Kley – Läuferin bei der LGM und bei Teuto Run and Fun – im Zug nach Berlin und hatte ein ganz komisches, trauriges Gefühl. Sie schob es zunächst darauf, dass sie auf dem Weg zum Trainingscamp war und dieses Mal aus gesundheitlichen Gründen überhaupt keine Laufschuhe dabei hatte. Schließlich musste sie aber feststellen: „Wahrscheinlich habe ich aber im Unterbewusstsein aufgrund der vielen eingehenden neuen Informationen da bereits gespürt, dass sich in den folgenden Tagen vieles ändern wird.“ Was sich änderte und wie sie dies inmitten des Treffs ihrer beiden Verein erlebte, schreibt sie auf unserer Website:

Da ich ja bei meinem Sohn eine kostenlose Übernachtungsmöglichkeit in Berlin habe, bin ich bereits einen Tag früher als der Rest der Gruppe mit dem Zug angereist, um endlich auch einmal die Chance zu nutzen, an der Jahreshauptversammlung meines Vereins teilzunehmen. Und so humpelte ich abends ziemlich deprimiert zur Böcklerstraße und freute mich sehr darüber, so herzlich von den vielen Lauffreunden begrüßt zu werden. Zwar war auch dort Corona ein kleines Thema, aber der größte Teil der Veranstaltung verlief ja noch ganz „normal“.

„Grenzerfahrung“ strandet auf dem Nachttisch
Deutlich glücklicher als auf dem Hinweg fuhr ich mit dem frisch erstandenen Beanie und dem neuen Bufftuch mit der U-Bahn zurück zu den Kids, nicht ohne Steffen noch meine Hilfe bei der Generalprobe zuzusagen. Harald hatte mir netterweise noch das Buch „Grenzerfahrung“ ausgeliehen, das ich ihm dann am Samstag beim Athletiktraining zurückgeben wollte. Dazu kam es dann ja aus den bekannten Gründen leider nicht mehr. Und so liegt es nun auf meinem Nachttisch und ich denke noch öfter an Berlin als sowieso schon.

In den folgenden Camp-Tagen hatten wir dann gottseidank auch noch mehrfach die Möglichkeit, mit  Berliner Läufern gemeinsam zu laufen. Aus den vergangenen Jahren waren ja schon einige bekannt und auch die Gruppe freute sich auf das Wiedersehen. Dazu gab es dann gleich am ersten Abend die Gelegenheit. Steffen hatte die Gruppe um 17 Uhr zum Stadiontraining in der Ludwig-Jahn-Kampfbahn eingeladen. Ein Höhepunkt unseres 90minütigen Trainings war natürlich der Besuch des Stadionfuchses. Nach einem gemeinsamen Abendessen im Meta ging es dann zurück ins Hotel, Steffen durfte ja noch ein letztes Mal die LGM-Läufer trainieren.

Ab Freitag änderte sich das Leben…
Ab Freitag aber änderte sich bereits das Leben. Zunächst aber gab es bei unserer 2. Tageseinheit nach einem lockeren Lauf vorm Frühstück durch das Tegeler Fließ ein Wiedersehen mit Harald, Nina, Karen, Helga, Matze und Sascha am Schmetterlingsplatz am Bahnhof Grunewald. Harald hatte bereits im Vorfeld eine Strecke in Form einer 8 für unseren längeren Trainingslauf ausgearbeitet, damit wir im Anhänger einen VP aufbauen konnten. Und durch die Unterstützung der LGM-Trainer konnten wir dann sogar mit 5 unterschiedlich schnellen Gruppen unterwegs sein. Besonders begeistert waren natürlich unsere beiden schnellsten Läufer über die Begleitung von Mauerweglaufsieger Sascha.

Als Abschluss gab´s dann für alle Kaffee und Kuchen im Wald, da Detti ja in einer Kaffeerösterei arbeitet und wir deshalb bei unseren Trainings über eine entsprechende Kaffeemaschine verfügen können. Hier erfuhren wir dann auch, dass sowohl das Athletiktraining am Samstag als auch unser geplanter Viktoria-Halbmarathon bei Torpedo am Sonntag ausfallen würden. So haben wir uns dort bereits vor Ort überlegt, dass ich für Sonntag selbst eine HM-Strecke in einer schönen Berliner Gegend bastele und Sascha sagte sofort seine Teilnahme zu, als wir ihn nach dem Laufen nach Hause brachten.

Aus dem geplanten Athletiktraining haben wir dann in einer etwas vereinfachten Variante in einem uns zur vom Hotel zur Verfügung gestellten Raum am Samstagvormittag absolviert, da blieb dann auch nachmittags noch Zeit für eine schöne Runde durch das Tegeler Fließ, und auch hier standen wieder positive Gedanken im Vordergrund, weil wir uns daran erinnerten, dass wir im Vorjahr hier durch den strömenden Regen gelaufen waren. Als wir dann aber anschließend alle gemeinsam in unseren Bademänteln in der Sauna beim Essen saßen, wurde uns sehr stark bewusst, in welch einer Seifenblase wir uns doch befanden. Wir waren immer unter uns und ließen alle schlechten Nachrichten an der Blase abprallen und vielleicht auch gerade deshalb wurde es ein Abend, an dem wir unendlich viel gelacht haben.

Erlebnis geht vor Ergebnis!
Zu unserem Halbmarathon am Sonntag hatte ich dann außer Sascha noch Matze und Steffen eingeladen, mit denen ich am Samstag Kontakt hatte. Wir starteten um 10 Uhr am Hotel Richtung Spandau zur Fähre am Aalemannufer. Hier setzten wir dann über die Havel und absolvierten eine wunderschöne Runde fürs Auge entlang des Tegeler Sees und der Havel, auch auf Teilen des Mauerwegs. Es stand allerdings nicht der Wettkampf im Vordergrund, sondern wir sind in kleinen Gruppen gelaufen nach unserem Motto: Erlebnis geht vor Ergebnis. Einige haben sich die Strecke auch aufgeteilt in Rad und Laufen und ich habe die Schlussgruppe komplett mit dem Rad begleitet. Im Anschluss standen wir alle dann noch lange an den Autos bei der üblichen Verpflegung zusammen und man spürte, dass man eigentlich gar nicht auseinander gehen wollte. Der Abschied war dieses Mal besonders herzlich und auch ein  bisschen wehmütig. Wir alle wussten ja nicht, wann wir uns wiedersehen.

Das letzte Highlight gab es dann beim Abschiedsessen im Hotel. Ich hatte für jeden eine Coronathon-Urkunde ausgefüllt und Detti hatte samstags noch bei Torpedo die tollen Medaillen vom Viktoria-Marathon vom anderen Ende der Stadt abgeholt. Die Überraschung war riesig groß.

Die letzten annähernd unbeschwerten Lauftage für lange Zeit
Uns allen war aber inzwischen auch sehr bewusst, dass wir diese tollen vier Camp-Tage niemals vergessen werden, waren sie doch die letzten annähernd unbeschwerten Lauftage für lange Zeit. Unsere priviligierte Situation war uns allen sehr klar. Und auch der Abschied in Berlin im Hotel und in Bielefeld untereinander war sehr emotional, weil uns dann ja endgültig bewusst war, dass die Seifenblase nun geplatzt ist.

Jetzt hoffen wir deshalb, dass alle Läufer sowohl in Berlin als auch in Bielefeld gesund bleiben und freuen uns jetzt schon riesig auf ein Wiedersehen. Ein kleines Fünkchen Hoffnung habe ich ja noch, dass ich Steffen wirklich als Helferin bei der der Generalprobe unterstützen kann, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

Text & Fotos: Sonja Kley

Ein Kommentar

  1. Ein toller Bericht! Und auch für mich war es der letzte Lauf in der Gruppe, wo ich dich dachte, es ginge nun wieder richtig los.
    Und wir hatten ja geplant, dass ich bei euch mal ein Training mitmachen würde… Ich freu mich darauf, das nachzuholen und überhaupt- auf viele gemeinsame Erlebnisse.

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