Anja Kirchner und Matze Weiser hatten Mitte April die Idee, den bereits abgesagten Rennsteiglauf in virtuell zu kompensieren. Sie meldeten sich beim Veranstalter an und bekamen eine selbstgewählte Startnummer zum Ausdrucken zur Verfügung gestellt. Der Bericht zu dem Supermarathon entstand in Koproduktion und stellt die Gedanken und Eindrücke von den beiden dar:

Anja: Die Idee kam plötzlich und schnell stand die Entscheidung mit Matze fest: Wir laufen den digitalen Rennsteiglauf auf dem Mauerweg. Die insgesamt 74 km starteten in Teltow und Frohnau sollte das Ziel bilden. Vorab gab es einiges zu organisieren… wer kommt mit, wie machen wir die Versorgung und welche Maßnahmen braucht es bei den Abstandsregeln. Matze übernahm die Streckenplanung und -führung und ich die Organisation möglicher Mitläufer und Versorgungsmöglichkeiten unterwegs.

Startfoto in Teltow

Matze: Mithilfe der online-verfügbaren Strecke des Mauerweglaufes, war die Streckenführung schnell vorbereitet und auf meiner Uhr. Als zweites Tandem-Team konnten wir Bernd Balsen und Patrick Roß gewinnen und ich meine Freundin Sabine als Radbegleitung für die gesamte Strecke. Für die Grundversorgung mit Wasser und Riegel war jeder selbst verantwortlich, aber Anja hatte großartige Menschen als Unterstützer an der Strecke gewinnen können. Unser Marktplatz in Eisenach war die Bushaltestelle am Bahnhof Teltow und das Ziel in Schmiedefeld sollte der grüne Vorplatz des S-Bahnhofs Frohnau sein. Anders als in Thüringen waren unsere ersten Kilometer in Teltow flach.

Anja: Die Tage davor wollten mal wieder kaum vergehen und es fiel schwer, die Füße ruhig zu halten. Endlich, am Samstag war es dann so weit! Gut gelaunt und bei bestem Wetter starteten wir von Teltow in Richtung Frohnau. Wir liefen jeweils zu zweit in Sichtweite und nach kurzer Zeit war das richtige Tempo gefunden und so zogen wir durch die Landschaft, bis wir den ersten VP bei 15 km in Griebnitzsee erreichten. Dort erwartete uns mein Arbeitskollege Max mit der ersten Versorgung aus Wasser und Erdnüssen.

Laufen in Formation Richtung Königsweg

Matze: Auch Bine hatte aus ihrer neuen Fahrradtasche einiges zu bieten und konnten uns Bananen und Äpfel anbieten auf der Strecke anbieten. Unser nächstes Ziel war Sacrow. Die Hoffnung, dass die Brauhaus-Meierei uns vielleicht doch eine kühle Erfrischung bieten könnte, erfüllte sich nicht. Aber ein Foto-Stopp war dennoch drin.

Anja: Unterwegs gab es immer wieder lustige Begebenheiten, insbesondere die örtlichen Dixi-Toiletten sorgten für Erheiterung. Keiner von uns damit gerechnet, dass die an der Straße stehenden Örtlichkeiten zweimal sogar geöffnet und von uns genutzt werden konnten. Der Streckenverlauf war zum Glück überwiegend schattig.

6.Neuer Garten
5. Waren fast immer geöffnet
3. Erster Verpflegung
4. Das Quintett vom Mauerweg

Matze: Um etwas Strecke zu sparen, hatte ich den Park Sacrow außen vor gelassen und so war die schattige Passage auf der Straße von und nach Sacrow nicht ganz ohne Nervenkitzel durch einige risikobereite Autofahrer. Auch die Hügel machten sich etwas bemerkbar, die wie Rennsteig-like brav gingen. Die Passage ab dem virtuellen (da auch nicht vorhandenen) VP Pagel and Friends bis zur Karolinenhöhe zog sich und die Gehpausen bei mittlerweile 24 Grad häuften sich. Wir erreichten hier die Marathon-Marke nach knapp sechs Stunden auf den Beinen.

Anja: Alle freuten sich auf die Zwischenstation bei Km 45, wo LGM-Läufer Enrico mit einem reich gedecktem Tisch wartete, denn es war mittlerweile sehr warm geworden und bei einigen wurde das Wasser in den Rucksäcken immer knapper. Durstig, aber guter Dinge erreichten wir den VP Karolinenhöhe.

Matze: Es waren nicht nur 3 Getränkesorten vorhanden, sondern auch Kartoffeln, Gurken und Oliven. Die Reserven konnten aufgefüllt werden. Danach in den Laufrhythmus zurückzufinden, fiel mir sehr schwer. Erst eine Erleichterung im Wald brachte das gewünschte Ergebnis. Auch die Radbegleitung durch Sabine half mir nun immer mehr. Weiter nordwärts laufend passierten wir Staaken und Falkensee. Der nächste Stopp gestaltete sich ungewollt etwas länger, da ich mit Kopfschmerzen und Kreislaufproblemen zu kämpfen hatte. Eine Salztablette und etwas Füße hochlegen sowie die Aufmunterung meiner vier Begleiter halfen diesen Schreckmoment zu überstehen.

Karolinenhöhe

Anja: Unser nächstes Ziel war „Bürgerablage“, wo uns Markus, mein Reitvereinskollege, mit der nächsten und letzten Versorgung auf der Strecke erwartete. Es ging über Spandau und den Eiskeller, über Wiesen und vor allem durch Wälder bis zu 60 km. Der Weg dorthin zog sich über eine hügelige Passage durch eine wunderschöne Natur. Für diesen Streckenabschnitt benötigten wir etwas mehr Zeit, aber unsere Mühe lohnte sich, als wir an der Bürgerablage ankamen. Jetzt war das Ziel doch nicht mehr weit!

Matze: Die Bürgerablage war unser Schmücke bei 61 km. Mit Bier und Radler konnten wir diese Marke zelebrieren. Auch der nahegelegene Kiosk wurde mit einem Eiseinkauf genutzt. Aus dem schattigen Platz war es schwer in die Gänge zu kommen, aber die Aussicht auf lediglich 13 km und Einlauf in „Schmiedefeld“ motivierten uns doch.

Anja: Der letzte Streckenabschnitt sollte uns durch ein Industriegebiet bis hoch nach Hennigsdorf führen, bevor wir wieder in den Wald zurückkehren konnten. Kaum im Wald angekommen kam nochmal richtig viel Laufmotivation auf, sodass wir das Tempo anziehen konnten. Die letzten Kilometer vergingen unglaublich schnell und so kamen wir glücklich, gesund und munter im Ziel an.

Matze:
Die 74 km waren tatsächlich schon an dem Punkt auf dem Mauerweg erreicht, wo sonst der VP Frohnau steht. Ich musste noch etwas weiterlaufen, da laut meiner Uhr die nachzuweisende Distanz für den Rennsteig-Veranstalter noch nicht erreicht war. Das gemeinsame Zielfoto wurde jedoch an einem markanten Punkt gemacht.

Zielfoto in „Schmiedefeld“

Anja: Es wurden Fotos gemacht, Glückwünsche ausgesprochen, gelacht und ich war stolz darauf, diese Strecke trotz aller Herausforderungen, gemeistert zu haben. Dieser Samstag wird uns allen in Erinnerung bleiben.

Matze: Das gemeinsame Ziel-Bier in unserem Schmiedefeld genehmigten wir uns nach dem Umziehen dann wie geplant auf der Wiese in Frohnau. Dabei wurden schon weitere gemeinsame Laufabenteuer ins Auge gefasst. Auf jeden Fall wieder mit Radbegleitung durch meine Bine, die mit uns elf Stunden durchgehalten hat. Es war mir gleichfalls eine Freude mit Anja, Bernd und Patrick diese Distanz laufend zu meistern. Mein Lauftag endete nicht mit einer Thüringer Bratwurst auf der Festwiese, sondern einem Steak auf dem Berliner Balkon. Unsere Urkunden haben wir uns mittlerweile hier https://www.rennsteiglauf.de/aktionen/rennsteiglaeuferathome/ergebnisse/ herunterladen können.

Text und Fotos: Anja Kirchner und Matze Weiser

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