Nicht nur die „Corona-Zeit“ wird länger und länger, auch die Läufe, denen sich die eigentlich geselligen Mauerwegläufer in diesen Zeiten in Kleinstgruppe oder alleine stellen, werden länger und länger. LGM-Läufer und -Trainer Matthias Rottenbach hatte es am Wochenende „gepackt“, er lief ganze 100 Kilometer ganz alleine – am Samstag vor Pfingsten, um dann zwei Tage regenerieren können. Sein Fazit: Eine Erfahrung, die man durchaus mal machen sollte. Eine Wiederholung schließt er auch nicht aus – aber dann doch lieber mit ein paar Mitläufern der LG Mauerweg. Hier sein Bericht:

Versuche doch auch einmal, 100 km für dich alleine zu laufen.
Vorige Woche an Himmelfahrt bin ich beim Training Bernd begegnet. Er hat davon gesprochen, dass er und andere nach den Corona-Lockerungen einen privaten 100 km Lauf  durchführen wollen. Diese Idee ging mir den restlichen Tag nicht mehr aus dem Kopf und am Abend war dann der Entschluss gefasst, auch einen 100 km Lauf zu probieren. Alleine. Das Pfingstwochenende hat sich gleich angeboten, da zwei Tage Zeit zur Erholung zur Verfügung standen.

Ich würde diesen Augenblick gerne weiter genießen, doch ich muss weiter.
Am Samstag bin ich exakt um 3:58 Uhr losgelaufen. Meine Streckenplanung waren zuerst 32 km auf dem Mauerweg und dann sechs bis sieben Runden in der Nähe meiner Wohnung. In der Dämmerung ging es nach Norden auf dem Mauerweg. Auf dem Teilstück zwischen Wilhelmsruh und Märkischen Viertel stand plötzlich ein Rehbock auf dem Weg, das hatte ich noch nie auf diesem Teilstück. Exakt um 5:30 Uhr war ich am nördlichen Wendepunkt, dem Köpfchensee. In der morgendlichen Sonne hat dieser wie Gold geglänzt und gedampft. Untermalt durch das Vogelgezwitscher. Phantastisch! Das hat sich gelohnt, denn sowas sieht man nicht oft. Ich wäre an dieser Stelle gerne noch eine Weile geblieben, aber ich hatte noch 84 km vor mir.

Goldene Morgensonne – sehr, sehr früh am Köpfchensee

Jetzt beginnen die Runden und der Ultramodus ist gestartet
Meine Wohnung war das Base Camp dieses Laufs. Nach 32 km gab es also die erste Verpflegung zu Hause und dann haben die Runden Richtung Spree begonnen, teilweise auch entlang der Invalidenstraße, was später nicht mehr ganz so angenehm sein sollte. Um 8:33 Uhr war ich exakt bei km 42,2 und zufällig auch am Brandenburger Tor. Wenigstens ein Marathonfinish dieses Jahr an dieser Stelle. Diesmal war ich aber noch nicht einmal bei der Hälfte angelangt.

Etwas nach 50 km kamen eine kleine Krise und Magenprobleme auf. Das war aber nach einer halben Stunde vorbei und ich ging in den Ultramodus über. Beständig laufen und ab und dann ein paar Meter gehen. Zu Hause machte mir die Treppe in den ersten Stock abwärts mehr und mehr Probleme. Um 12:30 Uhr habe ich mich mit einem ehemaligen Kollegen verabredet, der ein paar Kilometer mitgelaufen ist. War ein willkommene Abwechslung und hat über die nun deutlich spürbaren Schmerzen in den Beinen hinweggeholfen.

Wenigstens ein Marathonfinish am Brandenburger Tor dies Jahr – von der geplanten Strecke fehlt da noch mehr als die Hälfte.


Mauerwegläufer sind offenbar bekannt…
Ich bin bisher zwei Mal den Thüringen Ultra gelaufen, die 100km lange große Schleife über den Thüringer Wald. Dieser Lauf ist zwar mit einigen Höhenmetern ausgestattet, die Steigungen strukturieren jedoch den Lauf, da man da immer wieder bergauf gut ein paar Schritte gehen kann. Dies ist bei einem Lauf mit wenigen Höhenmetern nicht gegeben. So bin ich auch streckenweise entlang der Spree auf flachen Teilstücken ein paar Meter gegangen. Auffällig war, dass ich mehrere Male mit einem Lächeln und anerkennenden Nicken von anderen (augenscheinlich erfahrenen) Läufern bedacht wurde. Vermutlich hat da auch das Vereins Trikot geholfen, wir Mauerwegläufer sind offenbar bekannt. So etwas motiviert. Insbesondere auf den letzten Kilometern.

Die letzten Kilometer, ein Ampelmarathon.
Bei km 94 musste ich nochmal nach Hause, da meine Getränke alle waren. Um die 100 km abzuschließen, standen noch mal die Invalidenstraße und dann der Mauerweg bis zur Gedenkstätte Berliner Mauer auf der Liste. Die 1,5 km bis zum Hohenzollernkanal waren fünf Ampeln, von denen vier exakt dann auf rot sprangen, als ich dort angekommen bin. Anhalten und loslaufen ist gerade in so einem Moment echt schmerzhaft. Noch einmal durch den Invalidenfriedhof, vorbei am Bundeswehrkrankenhaus (die Wachsoldaten in der Boyenstraße haben mich bei jeder Runde mehr und mehr fragend angeschaut, was die wohl von mir gedacht haben?) Nach einem Foto in der Liesenstraße bei km 98 bin ich dann ein längeres Stück durch den Park bei der Gedenkstätte Berliner Mauer bewusst gegangen und habe dann den Lauf abgeschlossen.


Um 16:18 Uhr waren die 100 km gelaufen. Immer wieder erstaunlich, wie kurz sich 12 Stunden anfühlen. Es hat großen Spaß gemacht. Ich hoffe, dass ich das mal wieder machen kann, dann aber im Kreis von anderen Mauerwegläufern.

Fast im Ziel – Mathias bei km 98.

Text & Fotos: Matthias Rottenbach

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