Kommen Mauerwegläufer nur aus Berlin und Brandenburg? Natürlich nicht. LGM-Mitglieder gibt´s in den USA, in Dänemark und natürlich auch in Duisburg. Von dort kommt Henning Schmitz. Und Henning beweist, dass Mauerwegläufer viel herum kommen. Wie etwa auf den Kapverdischen Inseln im vergangenen Dezember. Nachfolgend sein Laufbericht..

„Im März 2014 stieß ich im Internet auf die Ausschreibung vom Boavista Ultratrail  2014. Boavista ist die Wüsteninsel der Kapverdischen Inseln und liegt im Zentralatlantik. Sie gehört zu Afrika. Die Insel besteht aus Sand-, Geröll-, und Steinwüste mit nur geringer Vegetation und ist 31 km lang sowie 29 km breit. Der Hauptteil der 12.000 Einwohner lebt in Sal Rei der Hauptstadt. Es herrscht eine Temperatur zwischen 28 und 32 Grad mit nur einigen seltenen Regentagen im Jahr. Ausgeschrieben waren drei Stecken mit den entsprechenden Zielzeiten: 42 Km Eco-Marathon (10h), 75 km Saltmarathon (16h) und 150 km Ultratrail (40h).

Nach der erfolgreichen Bewerbung beim Veranstalter im April meldete ich dann für den Ultratrail, mit der Option des vorzeitigen Finish bei 75 km (Saltmarathon). Es sollte mein erster Desert-Run werden. Der Veranstalter schrieb eine Pflichtausrüstung vor, nämlich Rucksack, Schlafsack, Trinkflaschen, 4000kcal Verpflegung, Signalspiegel, Signalpfeife, Messer, Kopflampe incl. Ersatzbatterien, Kompass, Feuerzeug, Salztabletten, Sun Cap, Sonnenbrille und Knicklichter. Dazu kamen noch Pflaster, Tapes und Salben (die ich auch brauchen sollte). Diese wurden nicht vorgeschrieben, aber es war ratsam sie mitzunehmen.

Vom Veranstalter gab es auf der Stecke lediglich Wasser und ab und an mal Cola. Der Rest musste mitgeführt werden. Die Ausrüstung sowie die ärztlichen Atteste (EKG, Belastungs-EKG , Bescheinigung der Ultratauglichkeit vom Arzt) wurden beim Briefing durch den Veranstalter und Rennarzt kontrolliert. Danach fanden das Briefing und die Ausgabe der Roadbooks mit der Inselkarte statt.

Der Start sollte dann am Samstag pünktlich um 7:00 Uhr Ortszeit mit 56 Starten (darunter 5 Frauen) für alle Disziplinen stattfinden. Nach einem kurzen 2 km-Stück auf einer Straße ging es dann zunächst Richtung Nordosten durch die Wüste zum Strand, dort erreichten wir dann den ersten Checkpoint bei ca. km 8. Hier liegt das Schiffswrack eines Frachters, der Ende der sechziger Jahr dort strandete.

Nun ging es ca.13 km durch die Dünen zwischen Atlantik und Wüste entlang zum nächsten Checkpoint, von dort liefen wir über einen Anstieg aus Felsen ins Landesinnere. Wir passierten einen kleineren Ort um danach über eine Anhöhe weiter durch ein 20141206_063316trockenes Flussbett in die Wüstenlandschaft zu laufen. Der nächste Checkpoint lag nun mitten im der Wüste unter 2 Palmen, die eine V-Form bildeten. Auf diesen Punkt wurde beim Briefing besonders hingewiesen, da es dort leicht war, die Orientierung zu verlieren. Danach ging es weiter in Richtung Rabil (Flughafen der Insel) durch eine Oase zur Westseite von Boavista. Hier erreichten wir dann bei ca. km 33 den Strand der Westseite. Dort war direkt am Strand ein Checkpoint, wo einer der Veranstalter persönlich auf uns wartete. Und es gab zum ersten Mal neben Wasser auch Cola.

Jetzt kamen ca. 5-6 entspannte Kilometer am festen Sandstrand, bevor es in die Geröll- und Lavasteinwüste ging. Bei Km 38 machte mir dann meine linke Fersen-Innenseite Sorgen, eine ca. 5 cm große Blase hatte sich auf Grund des schwierigen Untergrundes gebildet und musste geöffnet werden. Mit Salbe und Pflaster verarztet ging es nun durch die Geröllwüste. Hier strahlte der Lavaboden eine enorme Wärme ab, sodass der Schweiss trotz Gegenwind floss. Ich lief mit der offenen Blase nun immer unrunder und trat einige Kilometer später im Lauftempo mit dem linken Fuß gegen einen dicken Steinbrocken, was mich auch noch einen Zehnagel kostete.

Bei km 45-47 erreichten wir dann den nächsten Kontrollpunkt in Richtung Süden der Insel. Es ging wieder durch Dünen zu einem Naturschutzgebiet an einem 13 km langen Sandstrand (Santa Monica Beach). Dort legen in der Zeit von Juni bis September die Meeresschildkröten ihr Eier ab. Es ist ein unglaublich schöner weißer Sandstrand mit kristallklarem Atlantik auf der rechten Seite, an der linken Seite grenzt eine Steinwüste mit karger Vegetation an.

Langsam ging es auf den Nachmittag und Sonnenuntergang zu. Hierbei bot sich ein seltenes Naturschauspiel. Massig handtellergroße Krabben machten sich am Strand auf Boavista-Ultramarathon031[1] (2)den Weg zum und aus dem Wasser auf. Mit einem enormen Tempo liefen sie geschickt durch den Sand. Der nächste Checkpoint bei km 58-60 kam immer näher, er befand sich am Ende oberhalb des Strandes. Hier gab es neben Wasser auch wieder Cola und es war Zeit etwas zu Essen. Nach ca. 20 Minuten Pause machte ich mich auf den Weg in Richtung Kontrollpunkt bei den Salinen, ca. km 73. Es sollte ein schwerer Weg werden, der mich wieder einen Nagel kosten sollte. Dieses Mal aber am anderen Fuß.

Mittlerweile war es 18:00 Uhr und die Dunkelheit kam so schnell, dass es innerhalb von 15 Minuten stockdunkel war. Taschenlampen bzw. Kopflampen waren nun gefragt, da es sonst unmöglich gewesen wäre, etwas zu sehen. Es gab weit und breit weder Laternen noch Häuser, von denen Licht abgestrahlt wurde.

Bei den Salinen angekommen, fasste ich die Entscheidung den Lauf (nach 12:29:36 h) nun zu beenden. Dieses war eine Option in der Ausschreibung des Veranstalters, zugleich  wurde man für den Saltmarathon gewertet. Allerdings erst hinter dem letzten offiziellen Finisher dieses Laufes. Das war aber nicht so dramatisch, denn die beiden kamen ca. 10 Minuten nach mir dort an. Der Grund für meinen Ausstieg waren 3 Blasen und 2 dunkelblaue Nägel. Mit diesen Blessuren hätte ich zwar noch weiterlaufen können, aber ich wollte keine größeren Schäden riskieren. Keine Frage, ich hätte noch 27,5 h Zeit für 75 km gehabt, aber die Gesundheit geht vor und es ist keine Schande, bei diesem schweren Lauf vorzeitig aufzuhören.

Ich werde in zwei Jahren wieder nach Boavista fliegen und dort starten, um die gesamte Stecke von 150 km zu finishen. Ich weiß nun, was mich dort erwartet und kann mich dem entsprechend besser vorbereiten. Dennoch bin ich im Nachhinein über meine Entscheidung relativ glücklich, obwohl das Ergebnis von der DUV nicht gewertet wurde.

(LGM-Mitglied Henning Schmitz)